Montag, 14. Dezember 2009

Seidenponchos


Kleine stramme Waden
Vieler kleiner Zwerge


Wem könnten sie es sagen?



Ihre hohlen Sagen
Was ich stets verberge


Wie könnten sie’s ertragen?



Wüssten um den Schaden

Der stummen Tage Scherge


Wie könnten sie es wagen?


Krumme Rücken tragen

Hölzer kleiner Särge


Wem könnten sie es klagen?

Sonntag, 1. November 2009

Rückenwind

Der Hund der Zeit reißt an dem Strick

Knurrt vor lauter Köterklage

Durch fremden Honig ward er dick

Träge durch die warmen Tage

Durch Täler nun sein Bellen pflügt

Dringt in allertiefste Klammen

Der Ruf des gelben Tieres fügt

Die Herde nochmals zusammen

Sie rodet Berge wie Weiden

Frisst den Strauch samt Knospe, Samen

Ach, wie ist die Zeit bescheiden

Ach, was kennt die Zeit Erbarmen

Hin zum Biest und Knochenbergen

Denn Herbst protzt auf allen Fahnen

Gehisst von honigsüßen Schergen

Ach, was kennt die Zeit Erbarmen

Fortan kämmt ein Wind durch Breschen

Haucht ein Lied von Rost und Leiden

Zuckelt durch ergraute Eschen

Ach, wie ist die Zeit bescheiden

Abendblau




Grelle Lanzen aus Barracken stoßen in die Gassen

Phiolen dunst’ger Schleier sich auf ihnen entleeren
Ein Zwerg murrt in Versen, was wir Zwerge eben hassen
Und straff gespannte Trauben wollen längst an Ästen gären

Graue Würmer winden sich starr durch die mürrische Stadt
Ein Nachbar streift in pinkem Frack schnatternd um Gebäude
Und steht dann nah den Klippen, weil er sich vergessen hat
Ein Hecht derweil erzählt, wie er seine Zeit vergeude

Gurgelnd kurvt ein Wohnmobil des Nächtens durch Alleen
Ein kesser Knabe spielt galant in Strumpfhosen Geige
Verrückte Tänzer naschen in seinem Takte Schlehen
Und beten, dass er ihnen den Weg zur Krippe zeige



Donnerstag, 29. Oktober 2009

Morgengrau

Rosa-weiß auf Silberfäden
Hallo Spinner! Hallo Rad!
Der Ostwind reihert fette Wolken
In seine kuskusgrauen Weiten
Dschihad!
Die Pfützen und Wälder und Schützen und Gärtner
Erklären den Hunden und Kälbern den Krieg
In unserer Mitte spuken Greise
In unseren Kreisen splisst das Volk
Nur wir selbst, wir trinken Wermut
Aus rosa-weißen Fläschchen
Und pachten unsre Ländereien
Bis der Mond sich übergibt
Weil ich den sauren Rahm
in unseren engen Kleidern mag

Sonntag, 18. Oktober 2009

Pariser Himmel

Es war eine kalte Nacht. Ein Blick in den Himmel aber genügte, um alle Temperatur vergessen zu machen. Abertausend Lampen glommen zwischen dem schmächtigen Funkeln der Sterne und überstrahlten diese mit einem künstlichen Glanz, der einem automatisch Synthetikmief in die Nase trieb.

Nein, was sie empfand, was da ihren Rücken hinunterkroch, wenn sie den Kopf in den Nacken legte und in die grelle Schwärze vor dem Universum schaute, war weitaus mehr als bloße Kälte. Von einem mickrigen Schauer ganz zu schweigen. Sie blickte schnell wieder auf die nasse Straße zu ihrer Rechten und dachte, dass diese mit ihren flackernden Lichtreflexionen und der beinahe majestätischen Leere viel eher wie ein nächtlicher Himmel wirkte. Also spazierte sie nur wenige Zentimeter neben dem Himmel und den röhrenden Vögeln, die ab und zu an ihr vorbeibrausten, und verhakte die Finger hinter dem Rücken ineinander.

Es lag bereits vier Jahre zurück und dennoch frequentierten die Erinnerungen immer noch regelmäßig ihr Denken. Wie ein Bombenregen schossen sie auf ihren Verstand nieder und umzäunten ihr Fühlen. Mit tiefer Melancholie im Bauch dachte sie an alte Zeiten. An Gelegenheiten, die parallel zueinander verlaufen waren und an soviel Unentschlossenheit in einem Meer aus Impulsivität. Nun kam er doch, der Schauder und sie schüttelte sich unmerklich. Kleine Tropfen perlten von den groben Maschen ihres zweifarbigen Wollpullovers. Das Gefühl in ihren Mundwinkeln wollte sie zu einigen nonchalanten Tränen nötigen. Seufzend stellte sie sich die Frage, ob zu Ehren alter Augenblicke oder zu deren bloßer Schande. Sie unterdrückte das Bedürfnis zu weinen und ließ den Blick wieder über den Kunststoffhimmel wandern. Wie ungelenk und gebunden sie sich im Vergleich zu damals fühlte, wie allein, verlassen, klagend. Es war erbärmlich, dessen war sie sich bewusst. Hundserbärmlich.

Und wieder brauste einer der matten Vögel an ihr vorüber und bespritzte ihre Kleidung mit weiteren schmutzigen Wasserresten der Fahrbahn. Nie wünschte sie sich in solchen Augenblicken den nächsten Morgen herbei, immer nur den vorangegangenen, oder den davor, oder alle davor, und die Zeit zum Teufel und seinen giftigen Weibsbildern. Der BH zwickte unangenehm an ihrem Rücken, aber sie unternahm nichts dagegen. Es war eigentlich ein recht willkommenes Gefühl. Morgen würde sie die drei anrufen und versuchen, so zu sprechen, wie sie damals wohl gesprochen hatte, ehe sich vier aufgedunsene, nutzlose Jahre zwischen sie gezwängt hatten. Vielleicht auch nur zwei von ihnen, ihn mochte sie nicht mehr so. Die Erinnerung an sein Gesicht war schon zu verblasst und lag verschoben hinter hundert anderen Mimikschablonen. Aber erst würde sie zurück nach Hause und sich in dem speckigen Sessel ein paar Gläser mit warmem Wein gönnen. Und dann, morgen, wenn sie spät, gerädert und so speckig wie ihr Mobiliar aus ihrem Bett gekrochen war, würde sie ihre verhasste Küche und den verhassten Flur sehen und sich dafür schämen, niemals den Mut des vorangegangenen Abends aufbringen zu können, ehe sie den Hund fütterte.

Aber vielleicht würde sie auch weiterwandern. Weiter, immer ein paar Schritte vom Himmel entfernt, auf einer Linie mit den Wolken und zusammen mit den Winden, neben dem Funkeln am Firmament. Und vielleicht, ganz vielleicht würde der blöde Himmel dort enden, wo tatsächlich keine Zeit mehr existierte. Wo Gestern gleichwohl Morgen ist und wo Jahre Spucke sind. Und wenn dieser Ort beim Teufel sein sollte, so würde sich nicht zögern, eines seiner giftigen Weibsbilder zu sein.

Nicht eine verfluchte Sekunde.

Donnerstag, 24. September 2009

Die Lust am Spiel



Auf unsrer Reise, dem Gehörnten hinterher
Der Spur aus Fliegendreck und Ebbe täglich nach
Wo Schritte Gruben heben, floss einst tiefes Meer
Wo er schon war, da liegen reiche Felder brach

So grau und ausgebrannt, denn Teufelswind macht karg
In Felsenklüften, Geestgerippen, Höhlenland
sitzt Asche, die das Land vor Jahreszeit verbarg
Doch frisch und neu wirkt nun, was unlängst noch verbrannt

In schwachen Turmruinen finden wir ein Blatt
Das uns im Staub die Regeln eines Spieles lehrt
Ob es der Teufel dafür hinterlassen hat
Damit es die Jäger durch Lust zu ihm bekehrt?

„Blick aus zum Horizont, halt deine Lungen still
Schließ die Augen, senk die Zung‘, zähl im Geist bis zwei
So mag erkennen, wer fürwahr erkennen will
Soll die Zinnen schauen und blinzeln bei der drei

Erst bei der Neune sollst du nach Atem greifen
Hast die gelbe Feste sechs Zahlen lang erblickt
Der Preis hierfür? – Nur dein innerlich Begreifen
Ist es nicht das, weshalb ihr nach dem Teufel schickt?“

So steht es schwarz auf weißem Pergament notiert
Krauser, feuchter Stirn entziffern es die Recken
Eng an eng sie lesen, derweil es draußen friert
Der Drang zum Spiele erstickt bald allen Schrecken

Der Satan selbst hat uns zum Duell gebeten
Von Feuer und Fusel mit Wagemut bestückt
Will so mancher nun dem Fürst entgegentreten
Sie sprechen vor, ein jeder hat sein Schwert gezückt

Mit Blitzschlag ist die Nacht ein junges nacktes Weib
Ein greller Stern speit Funken in das blasse Meer
Die Männer zucken als des Teufels Zeitvertreib
Und draußen blökt vor Lust ein ganzes Ziegenheer

Die Brandung walzt an Klippen und die Spieler sind
Verdorben und verstreut, für immer sein Gewinn
Nur Lachen gelber Asche, sie kräuselt sich im Wind
Setzt sich in die Mäntel, auf Haut und in den Sinn

Zehn leere alte Gäule, vier stumme Reiter
Und viele Meilen war alles, was wir hatten
So ziehen wir stet durch Aschegärten weiter
Und jagen folgsam in seinem langen Schatten

Donnerstag, 3. September 2009

Frühlingsdüfte



Morgens zogen Nebelschwaden

An meinen Knöcheln unbeirrt

Trieben mich auf ihren Pfaden

Zu Feldern, wo das Frühjahr schwirrt

Ein Blick auf hart vereisten Grund

Und meinen Schatten auf Raureif

Zu flach und kantig, spitz und wund

So schemenhaft, gedrungen, steif

Ein Blick auf schalenlosen Forst

Und Ackerfurchen unter Tau

Den früh verwaisten Adlerhorst

Im dräuend nahen Dämmerbau

Die Sonne kläfft durch Wolkenhänge

In feste Luft sinistres Licht

spreizt den Schatten in die Länge

Nur wärmt sie nicht die Blätterschicht

Und Winde jammern öde Lieder

Von Eitelkeiten und Verzicht

Sie legen alte Düfte nieder

Mit klammem Griff mir ins Gesicht


Vergiss mein Nicht", wild einer fleht

Sich lockend um die Glieder schmiegt

Bevor er dann im Feld verweht

Und mit dem Wunsch im Tag versiegt





Samstag, 1. August 2009

Ataraxie: Eine Miliz schreiben

An die
Palisadenspringer
Hürdennehmer
Klippentänzer
Hermeline

An die,
die hinter und nicht vor sich
gähnend tiefe Gruben graben
die köpfen und nicht scheiteln
und greifen statt zu schieben

An all die
Mageren, schwarzen Ringer,
die narzisstisch Kinder morden
an die, die sich zu früher Stunde
bekennen zum Vergiss-Dein-Orden

Sagt - und sprecht in Versen…

Erfasst ihr auch das Regelwerk
Der warmblütigen Dämmerspiele
Mit jedem kleinen Randvermerk?
Verkennt ihr nicht das wahre Ziele
Der Unzahl eurer Trippelschritte,
die einst mal fort und einst mal hin
bewegen sich zur Tagesmitte
Mit Schuhwerk fest und ohne Sinn?

Habt ihr, wie Priester ihre Andacht,
zum Gähnen euch im Hinterkopfe
den Schwur des Ordens selbst erdacht
und eurem eignen Herzgeklopfe
artistisch ins Gesicht gelacht
So denn das Blut den Kopf verstopfe?

Und wenn ihr licht und angepinselt
Mit Feuersteinen Regeln brecht,
sagt, was dort an euer Ohre winselt,
Ist es nicht euer Schrei nach Recht?
Der, wenn ihr euch schlafend stellt,
als Aal durch eure Kehlen glitscht
und Wehe in die Sterne bellt
Als Laut, der sich mit Licht vermischt

„Die Dekadenz versteh‘ ich nicht
Trotz ich um ihren kalten Klang
Und ihrer Funkelaugen Sicht
In meiner Jugend Jahre rang
Ich armer, selbstverlor‘ner Wicht
bin selbst kaum, was ich stets verlang“

Mag euer ungebund‘nes Tanzen
Wohl doch nur falsches Torkeln sein,
Ein insgeheimer Schritt vor Lanzen?
Und jeder fruchtig süße Wein
Soll nicht für Freiheit und Gewalt
Euch streckenhaft Vergessen lehren
Sondern nur Aas und Missgunst bald
In euren eignen Schatten kehren?

Grabt ihr vielleicht nicht ob der Tiefe
Und ihrem dunklen Grubenerz?
Trennt ihr den Sand bis ins Reliefe
Wohl etwa nur, weil euer Herz
Bloß Erde und Gesteine sucht
Und ihr mit Schaufeln graben müsst
Damit euch, wenn ihr Nächtens flucht,
Das Echo keusch als Fremde küsst?

Wenn dann die feige Nietzschekrähe
Ihr Lock-mich-fort zum Himmel schnarrt
- Die schlanke Winterkoryphäe -
Habt ihr euch in den Ton vernarrt
Nehmt nur Reißaus, flieht aus dem Eis
Und baut aus Brennholz euer Heim
Wisst ihr denn nicht – der Schnee ist weiß
Er darf nicht warm und farbig sein
Denn jeder Schritt, den ihr nun hastet
Ist fest und tief in ihn geprägt
Da Schwere euch den Sinn belastet
Der weder Tanz noch sich verträgt

So nehmt ihr auch, jetzt wird es klar,
die Hürden um des Grauens willen
Ihr könntet nie den Kinderzar
An euren schlaffen Brüsten stillen
So stürzt in eure falschen Schächte
Die nun doch wieder vor euch klaffen
Die Königin der milden Nächte
Wird Neue eurer Art erschaffen

Mir dünkt, die Wichte eures Schlages
Mit breitem Kreuz und langer Tracht
Sie wollten sich zuletzt nichts Arges
Und haben sich doch umgebracht
Man sieht sie unter jenen stehen
Die sie mit ihren Liedern kränken
Und leise Vers für Vers vergehen
Die Minne über Wert verschenken

Dankt dem Vater, dankt der Mutter
Und paart euch selbst die Gene wund
Die Noten retten – sagt schon Luther
So führt dem Kinde an den Mund
Das Blasstück jeder Blechposaune
Und prägt ihm Ordensverse ein
Auf dass es dann im Alter staune
„Ich war so frei, so stark, so rein!
Kein Mensch erfuhr je meine Größe
Wer kann schon jene Tränen schmecken,
Die jeder opfert, fern der Blöße,
Der es versteht, sich fort zu recken“

Erkennt ihr Augen, Nase, Mund?
Seht ihr in euren Findelkindern
Dem eigenen Gesicht auf Grund?
Vermag es eure Schmach zu lindern
Dass ihre Fratzen euren gleichen?
Wenn nicht, soll es euch daran hindern
Mit Wasserblut die Welt zu bleichen!
Könnt ihr euch schon nicht selber mindern
So dürft ihr... mit der Zeit verstreichen


Genug der Verse – Abstraktion!
 
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